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Interview mit Trainer René Wyler
Spätestens seit Dezember 2022 kennt man seinen Namen in der illustren Schweizer Sportszene. Neben Simon Ehammer und Mujinga Kambundji stand bei den «Sports Awards» ein weiterer Vertreter aus der Leichtathletik-Szene im Rampenlicht. René Wyler, NLZ-Trainer, war mittendrin, als an den nationalen Sportler:innen-Wahlen am 11. Dezember die erfolgreichsten Sportpersönlichkeiten des Jahres ausgezeichnet wurden. Am Ende reichte es für René zwischen Fussball-Trainer Urs Fischer und dem Mountainbike-Trainer Nicolas Siegenthaler zu Platz zwei in der Kategorie «Trainer des Jahres». Wir durften René einige Fragen zu seinem Trainerdasein stellen. Viel Spass beim Lesen.
Was bedeutete es für dich, bei der grössten Award-Verleihung im Schweizer Sport als «Trainer des Jahres» nominiert gewesen zu sein? Kannst du uns Einblicke in deine Gedanken und deine Gefühlswelt gewähren?
Erstmals war ich sehr überrascht über diese Nomination. Ich habe mich allerdings sehr gefreut darüber – es ist eine Ehre und eine grosse Wertschätzung für die persönliche Arbeit, aber auch eine Anerkennung für die Leistungen, die in der Schweizer Leichtathletik im Allgemeinen geleistet werden. Ich möchte an dieser Stelle allerdings auch erwähnen, dass die Leistungen, wie sie Simon geschafft hat, nicht auf die Arbeit einer Person beruhen. Hinter diesen Leistungen von Simon steht ein grosses Trainerteam.
Der Abend an sich war sehr interessant und aufregend. Alle, die im Schweizer Sport Grosses geleistet haben, waren anwesend. Und mit Roger Federer zwei, drei Worte wechseln zu dürfen, ging für mich fast wie ein «Buben-Traum» in Erfüllung.
Du warst selbst Zehnkämpfer und nun seit Jahren als Trainer tätig. Wie würdest du deine Trainingsphilosophie beschreiben?
Meine Philosophie ist, dass man eine gesamtheitliche Ausbildung erarbeitet. Besonders wichtig bei jungen Athletinnen und Athleten, dass sie eine gute und solide Technik in allen Disziplinen haben und ihre Leistungen danach mit dem Kraftniveau etc. aufbauen und verbessern. Der Trainingsaufbau soll so gestaltet werden, dass möglichst keine Verletzungen resultieren. Also auch auf eine gewisse Ökonomie in den Bewegungsabläufen achten, welche maximale Belastungen verhindern, die allenfalls zu einer Verletzung führen könnten. Eine weitere Philosophie ist eine langfristige Karriereplanung: Man soll etwas vorausdenken und nicht den schnellen Erfolg suchen, sodass die Athletinnen und Athleten im Aktivbereich ihre Erfolge feiern können. Dann bin ich der Meinung, dass ein:e moderne:r Zehnkämpfer und Siebenkämpferin schnellkräftige Athletinnen und Athleten sein sollen. Deshalb soll ein besonderer Schwerpunkt auf die Erarbeitung eines guten Schnelligkeitsniveaus gelegt werden. Schlüsseldisziplinen sind für mich sicher der Hürdenlauf, was wir auch mit Simon viel machen. Daneben ist für mich der Stabhochsprung eine zentrale Disziplin, die früh erarbeitet werden muss, weil man hier an einen Punkt gelangen kann, an dem man nicht mehr weiterkommt, wenn hier Defizite bestehen.
Inwiefern hat sich das Trainerdasein geändert im Vergleich zur Zeit, als du noch aktiver Athlet warst?
Ich hatte das Glück, immer sehr gute Trainer und Trainerinnen an meiner Seite gehabt zu haben, die mich damals motiviert begleitet und einen sehr grossen Aufwand betrieben haben. Unter diesem Aspekt hat sich im Trainerdasein nichts geändert. Es braucht Leute, die viel Aufwand betreiben. Es ist kein 0815-Job: Viel ist am Wochenende oder am Abend. Man soll jederzeit ansprechbar sein. Vor allem soll man aber auch ein guter Motivator sein, um die jungen Leute manchmal auch «durch Stürme» zu bringen und sie bei der Sache behalten zu können.
Welches sind in deinen Augen heute die wichtigsten Schlüssel, die zum sportlichen Erfolg führen - als Trainer:in wie auch als Athlet:in?
Ein wichtiger Punkt ist, dass man als Trainer:in wie auch Athlet:in 100% Einsatz in seinem Tun gibt. Ein weiterer Schlüssel ist das konsequente Handeln – es mag keine Halbheiten leiden. Der Grundmotor für eine gute Leistung ist allerdings die Freude an der Sache.
Eigentlich seid ihr ein Trainergespann. Gemeinsam mit deinem Bruder Karl Wyler stehst du an der Seite von Simon und weiteren Nachwuchsathlet:innen. Gibt es durch diese familiäre Nähe nicht manchmal auch Herausforderungen zu überstehen? Wie geht ihr mit dieser «speziellen Situation» um?
Ich glaube, es hilft und es funktioniert darum so gut, weil wir eine klare Aufgabenteilung haben und diese respektieren. Wir haben eine grosse gegenseitige Akzeptanz für die jeweilige Arbeit, die wir leisten. Durch den jahrelangen gemeinsamen Weg haben wir ein gewisses blindes Verständnis. Wir haben auch eine sehr ähnliche Philosophie, wo auch in dieser Hinsicht nur wenig Abstimmungsbedarf nötig ist. Die Zusammenarbeit fällt uns also sehr leicht und ich denke auch der Erfolg spricht dafür, dass dies nicht schlecht funktioniert mit uns. Wichtig ist aber sicher auch der ehrliche und offene Austausch miteinander, wo auch kritische Worte akzeptiert werden und ihren Platz haben. Das zeichnet unsere Arbeit aus. Ich finde es eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit und denke, wir müssen hier nicht wahnsinnig viel ändern.
Wie allerdings schon oben erwähnt, sind es nicht der Bruder und ich, welche die Arbeit machen. Mit den Vereinstrainer:innen vom TV Teufen, mit Roman Wagner, mit Yves Zellweger und dem gesamten Trainerstab von Appenzellerland Sport haben wir ein Team, in dem hohes Fachwissen vorhanden ist sowie Ideen und Entwicklungen einfliessen.
Interview geführt von Jasmin Oberholzer